MBM Models Bausatz 1/72
von Stefan Szymanski / Oktober 2017
Zur Geschichte:
Der 21cm Mörser 16 war eine von Krupp entwickelte Waffe als Modifizierung des 21cm Mörsers 10, dessen Schussweite für den Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges als unzureichend betrachtet wurde. Erkennbar war der Unterschied am längeren Geschützrohr, wodurch die Reichweite auch von betonbrechender Munition um einen Kilometer gesteigert werden konnte. Durch die Größe des Geschützes war ein schneller Stellungswechsel nicht möglich, was gerade bei dem Mörser 10 oft dazu führte, dass die Geschützstellung und Mörser bei einem Feuerüberfall der gegnerischen Artillerie aufgegeben werden mussten.
Der 21cm Mörser 16 wurde auch nach dem Ersten Weltkrieg von der Reichswehr und der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Dort waren diese Mörser noch bis 1942 im Einsatz, bevor diese durch den moderneren 21cm Mörser 18 ersetzt wurden.
Der Bausatz:
Der Krupp 21cm Mörser gehört für mich zu den interessantesten Geschützen des Ersten Weltkriegs, da dieser in meinen Augen das typischste Sinnbild des damaligen Krieges ist. Dies ist der enormen Größe und Wuchtigkeit sowie den typischen Laufplatten der Räder geschuldet.
Dementsprechend groß war der Wunsch, diesen Mörser im kleinen Maßstab zu bauen. Leider gibt der Markt hier nicht viel, wenn überhaupt etwas her. Desto größer war die Freude, als mir Mark Brown von MBM einen kleinen und überschaubaren Bausatz aus Weichmetall in die Hand drückte, mit dem sich mein lang gehegter Traum endlich erfüllen konnte. Wo hier sehr viel Licht war, war auch ein wenig Schatten. So handelt es sich eher um einen Bausatz für den WarGaming-Bereich. Dementsprechend einfach und oberflächlich ist dieser Bausatz gestaltet. Schnell war mir klar, dass hier noch eine Menge Eigenarbeit vonnöten wäre, um hier ein vorzeigbares Modell präsentieren zu können. Motivation war mehr als genug vorhanden, fehlte also noch genug Recherche-Material, um das Projekt in Angriff zu nehmen. Aber auch hier findet man mittlerweile mehr als genug Beispielbilder vom Original wie auch vom Takom-Modell im Maßstab 1:35.
Der Bau:
Ich teilte den Bausatz mit den mehr als überschaubaren Bauteilen in drei Baugruppen ein: die Laufräder, die Lafette und das Geschützrohr. So konnte ich mich jeweils auf einen Bereich konzentrieren, ohne dabei Gefahr zu laufen, den Gesamtüberblick zu verlieren.
Den Anfang machten die Laufräder, die am einfachsten zu detaillieren waren und so auch als guter Einstieg dienten, um ein „gewisses Gefühl“ für das Modell zu bekommen. Das Augenmerk galt hier den Laufplatten sowie der Radnabe.
Als nächstes folgte das Geschützrohr. Hier musste das ganze Verschlusssystem komplett in Eigenarbeit erstellt werden. Mit den passenden Bildern und Werkzeug sah dies allerdings schwieriger aus, als es eigentlich war, und war demensprechend gut, problemlos und schnell erledigt. Im vorderen Bereich fertigte ich eine Vorrichtung an, mit der beim Original das Geschützrohr beim Transport an der Lafette fixiert wurde.
Die Lafette, die die meiste Nachdetaillierung in Anspruch nehmen würde, folgte am Schluss. Immer wieder musste ich hier passende Anschauungsbilder zu Rate ziehen, wobei ich hier nicht mit einer maßstabsgerechten Bauzeichnung, sondern nur frei nach Auge arbeitete. Ich zählte mich noch nie zu den sogenannten „Nietenzähler“. So lag auch hier mein Hauptaugenmerk darauf, dass die Proportionen und der Eindruck stimmig sein mussten. Bei der Lafette wurde vieles mit Plastik-Sheet, Kupferdraht und Resten aus der bekannten „Grabbel-Kiste“ ergänzt, verändert oder nachdetailliert. Besonders kniffelig gestalteten sich hier der Ladebock, die seitlichen Trittbleche sowie der Bereich der Anhängekupplung. Alles erforderte ein gewisses Feingefühl und Geduld, stellte mich aber auch nicht vor unlösbaren Problemen. So ging ich hier immer den Kompromiss zwischen Aufwand und Nutzeffekt (wie wirkt es später optisch im Gesamteindruck) ein...
Der MBM-Set beinhaltet kein Schrapnell-Schutzschild, doch hätte ich dies eh nicht verwendet, da mir der Mörser ohne Schutzschild optisch mehr zusagt. Dieser Set des Mörsers wurde/ wird auch von Matador Models im Maßstab 1:76 ebenfalls aus Weichmetall angeboten, ist aber sehr schwer erhältlich und enthält u.a. dieses Schutzschild sowie eine Anhängedeichsel (die dem MBM-Bausatz nicht beiliegen), doch sind diese Teile eh falsch dargestellt. Zudem ist das Schutzschild aufgrund der Fertigung aus Weichmetall viel zu dick. Wer also seinen Mörser mit diesem Schutz ausstatten will, käme eh nicht drumherum, dieses Schild komplett selbst anzufertigen. Da ich hier aus den oben genannten Gründen darauf verzichtete, musste ich mich damit nicht näher befassen.
Die nötige Hochzeit von Lafette und Geschützrohr bildete den Abschluss des vorläufigen Zusammenbaus. Dieser frühzeitige Zusammenbau war nötig, da hier mit dünnem, rundem Plastiksheet eine Verbindung zwischen optischen Winkel-/ Zielmesser auf der Lafette und der Achse des Geschützrohres gefertigt werden musste.
Die Farbgebung:
Orientiert man sich an diversen Vorgaben, hat man genug Möglichkeiten bei der Farbgebung. So kamen hier im Laufe des Krieges verschiedene Tarnvariationen zum Einsatz. Ich bevorzugte hier aber die einheitliche graue Version. Da es zur Zeit des Ersten Weltkrieges noch keine RAL-Vorgaben (genormte Farbvorgabe) gab (diese wurden erst 1923 eingeführt), konnten die jeweiligen Farbvorgaben des Militärs mit den tatsächlichen Resultaten der Farbhersteller stark voneinander abweichen. So gab es hier auch verschiedene Stufen des Graus, welches man auf diversen Originalbildern beobachten kann. Dies tendierte von einem sehr dunklen Grau über Grau/Grün bis hin zu einem hellen Grau. Um dem damals verwendeten Grau-/ Grünstrich einigermaßen gerecht zu werden, verwendete ich hier Revell 67, welches der originalen Farbgebung am nächsten kam.
Durch die Schwere der Weichmetall-Teile in Kombination mit den sehr zerbrechlichen Zusatzdetaillierungen gestaltete sich das Handling als sehr schwierig. Nachdem mir diverse Kleinteile immer wieder abgebrochen waren, konstruierte ich mit Hilfe einer Krokodils-Klemme eine Art Halterung, so dass das Modell nun vor meinen „Grobfingern“ geschützt war und ich trotzdem alle weiteren Farbarbeiten vornehmen konnte, ohne Gefahr zu laufen, das eine oder andere Teil wieder abzubrechen.
Kleine Farbarbeiten erfolgten mit dem Pinsel. Abgeplatzten Lack und Rost stellte ich mit Ölfarben und einer Wischtechnik (kurzer Pinsel) her.
Zu guter Letzt arbeitete ich mit Pigmenten und dem passenden Pigment-Fixer diverse Verschmutzungen, vorwiegend im Laufplattenbereich der Räder, heraus.
Mit einer dezenten Einnebelung mit Tamyia „Buff“ waren die Arbeiten am Mörser abgeschlossen.
Das Diorama:
Für den Bau des Dioramas, welches den Mörser in einer ausgebauten Feuerstellung zeigen sollte, findet man in diversen Fachbüchern und auch im Internet mehr als genug Anregungen. Ich holte mir hier aber meine Inspirationen von einem sehr bekannten Online-Spiel namens „Battlefield 1“. Besonders hatte es mir hier die Karte (in Fachkreisen auch „Map“ genannt) „Wald der Argonnen“ angetan, die den Mörser in sehr interessanten und meinen Augen auch realistischen und auch typischen Feuerstellungen des Ersten Weltkriegs zeigt. So wurden diese ausgebauten Feuerstellungen von mir virtuell ausführlich besichtigt und aus verschiedenen Positionen abgelichtet.
Die anschließende Vorgehensweise war dann die gleiche, wie auch bei vorherigen Arbeiten. Es wurde die passende Größe ausgelotet, die Holzplatte dementsprechend zurecht gesägt und ausgeschliffen. Mit Spachtelmasse, Vogelsand und Heilerde gestaltete ich die Bodenstruktur, während ich die Holzverschalungen etc. mit Balsa-Holz und Zahnstochern gestaltete. Die Sandsäcke modellierte ich aus Zwei-Komponenten-Knetmasse.
Die leeren Geschoss-Hülsen fertigte ich aus einem passenden Sheet-Rohr und ausgestanzten Sheet-Plättchen (Locheisen). Nervenaufreibend war hier die Menge an Hülsen, die ich anfertigen musste, um ein realistisches Bild zu erzielen. Ansonsten kam zur weiteren Gestaltung alles zum Einsatz, was die Restekiste so hergibt...
Schon bei der Alterung des Mörsers berücksichtigte ich, dass das spätere Diorama eher in der warmen und trockenen Jahreszeit spielen sollte. Dementsprechend sollte alles staubig wirken. Schlamm war hier also keine Option. So arbeitete ich hier auch eher mit helleren Brauntönen und staubte zu guter Letzt alles großzügig mit hellen Pigmenten und Tamyia „Buff“ein.
Die Figuren:
Bei den Figuren griff ich auf den altbewährten Kleinserienhersteller W^D zurück, mit dem ich schon in der Vergangenheit mehr als nur gute Erfahrungen gesammelt habe. Dieser Hersteller hat sich komplett auf den Ersten Weltkrieg fokussiert und bietet mittlerweile eine sehr breite Palette an Angeboten für Figuren, Fahrzeugen und Geschützen.
Die Bemalung der Figuren erfolgte ausschließlich mit Ölfarben.
Fazit:
Rückblickend kann man dieses Projekt als sehr interessant und fordernd bezeichnen. Zwar erforderten die nötigen Detaillierungsarbeiten am Mörser einen gewissen Mehraufwand, doch stand man hier nie vor unlösbaren Aufgaben. Auch hielt sich der Aufwand mehr in Grenzen, als es scheint. Als Belohnung besitzt man nun ein außergewöhnliches Modell in einem außergewöhnlichen Diorama, mit dem man einem außergewöhnlichen Geschütz als Sinnbild des Ersten Weltkriegs, sowie einem außergewöhnlichen Spiel (Battlefield 1) den verdienten Tribut zollt…
Mein besonderer Dank gilt auch Mark Brown von MBM, der mir mit diesem Modell überhaupt die Möglichkeit gegeben hat, einen langgehegten Modellbau-Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
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