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Die Bemalung von Figuren mit Ölfarben im Maßstab 1/72

Aktualisiert: 8. März

...oder die „szymikanische Methode“ der Figurenbemalerei im kleinen Maßstab


von Stefan Szymanski / Juli 2023





Viele Modellbauer stellen sich in ihrem Werdegang meist neuen Herausforderungen. Hat es zu Anfang noch ausgereicht, ein nacktes Modell zu bauen und später in die heimische Vitrine zu stellen, reicht es vielleicht an einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr aus und man will dem Modell ein passendes Umfeld in Form eines Dioramas oder Vignette verleihen. Befasst man sich mit dem Dioramenbau, ist der Weg zur Figurenbemalerei nicht mehr weit. Immerhin sind es gerade die Figuren, die einer gewissen Szenerie Leben verleihen und auch dazu dienen, Größenverhältnisse des damaligen Originals zur Geltung zu bringen. Eine Figur ist aber nicht mal so eben bemalt. Hier müssen Licht und Schatten (Aufhellungen und Abdunklungen) geschaffen werden, um ein authentisches Bild zu erhalten. Gerade hier trennt sich in der Modellbau-Szene die Spreu vom Weizen. Während einige Modellbauer direkt die Finger von der Figurenmalerei lassen, werten z.T. andere ihre hochwertig gebauten Modelle mit schlecht oder auch lieblos bemalten Figuren deutlich ab.

Bekannterweise führen viele Wege nach Rom und die große Mehrheit der Modellbauer greifen bei der Figurenmalerei auf die bekannten Acrylfarben zurück. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Farben sind in großen Sortimenten, meist im Originalfarbton schon vorhanden und trocknen eben auch schnell ab. Obwohl ich bei meinen Modellen ausschließlich auch mit Acrylfarben arbeite, nutze ich spätestens beim Altern der Modelle Ölfarben und gerade bei der Bemalung von Figuren möchte ich diese Farben nicht mehr missen.

Auch ich habe hier über Jahre experimentiert und habe mir mittlerweile eine Technik angeeignet, die meiner Meinung nach ein optimales Verhältnis zwischen Arbeitsaufwand und Ergebnis erzielt. Diese Technik ist für den kleineren Maßstab (1/72-87) optimal und lässt sich auch im bekannten 28mm-Figuren-Bereich anwenden. Lediglich bei größeren Maßstäben (ab 1/35) sollte man hier auf andere Techniken zurückgreifen, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.



 

 

Was braucht man zur Bemalung mit Ölfarben? Natürlich Ölfarben. Hier sollte man den Focus auf qualitativ gute Ölfarben legen und dementsprechende die Finger von diversen Billigprodukten aus dem Supermarkt lassen. „Schminke“ ist hier ein Begriff, aber auch Hersteller wie „Abteilung 502“ bieten mittlerweile eine breite Farbpalette, die eng mit den Farbbedürfnissen im Modellbau (vom Militärmodellbau bis zu Fantasy) abgestimmt ist.

Zum Mischen und Verdünnen eignen sich Terpentinöl oder Terpentinersatz. Ich nutze hier immer den Terpentinersatz ohne irgendwelchen Zusätzen wie Trocknungsbeschleuniger etc.

Als nächstes benötigt man Behältnisse zum Mischen und Aufbewahren der Farben. Hier gibt es viele Möglichkeiten: Farbmischpaletten aus dem Künstlerbedarf, die kleinen Behälter für Kräuterbutter vom Pizza-Taxi, sowie die Verpackung einer sehr bekannten Süßware, die sich gerade durch ihre Aufteilung hervorragend zur Ölmalerei eignet.

Viele dieser Dinge muss sich der Modellbauer und zukünftiger Figurenmaler noch beschaffen. Anders sieht es bei den Pinseln aus. Hier dürfte jeder ambitionierter Modellbauer über eine breite Palette an Pinseln in verschiedenen Größen und Formen verfügen. Hier gilt das Augenmerk aber den alten, ausgefransten Pinseln, die für den herkömmlichen Gebrauch nicht mehr zu nutzen sind, aber nun einen zweiten Frühling genießen dürfen. So kürze ich diese Pinsel stark ein, womit diese einen gewissen Zweck erfüllen, der später noch zur Sprache kommen wird.



 


 

Kommen wir nun zu den Vor- und Nachteilen von Ölfarben. Der Vorteil: im Gegensatz zu Acrylfarben trocknen Ölfarben sehr langsam ab, wodurch man sich bei der Arbeit in einem großen Zeitfenster bewegt, um probieren und korrigieren zu können. Der Nachteil: im Gegensatz zu Acrylfarben trocknen Ölfarben sehr langsam ab. Richtig gelesen! Was wiederum bei den Arbeiten einen großen Vorteil bietet, ist kein großer, aber eben ein Nachteil, wenn man eine gewisse Abtrocknungszeit beachten muss, um die nächsten Arbeitsschritte ausführen zu können. Je nach Arbeitsschritt kann sich die Trocknungszeit von 24 bis sogar 72 Stunden hinziehen. Um hier Abhilfe zu schaffen, habe ich mir vor geraumer Zeit einen Dörrautomaten zugelegt. Eigentlich dazu geeignet, Früchte, Obst etc. zu trocknen, kann man dieses kleine Gerät auch hervorragend für den Modellbau nutzen. So können lange Trocknungszeiten auf wenige Stunden begrenzt werden. Anders ausgedrückt: ist ein gewisser Arbeitsschritt erledigt, stellt man diese Figuren bei maximal 55° Celsius über Nacht in den Dörrautomaten und kann so am nächsten Tag ohne Probleme seine Arbeit fortsetzen. Natürlich ist die Anschaffung eines Dörrautomaten kein „Muss“, doch erleichtert es die Arbeiten ungemein und ist auch in anderen Bereichen des Modellbaus nutzbar, um eben diverse Trocknungsphasen erheblich abzukürzen.



Des weiteren sollte man beachten, dass man meist die gewünschte Farbe selbst zusammen mischen muss. Man muss sich hier also am Original orientieren und sich beim Mischen ein gutes Auge aneignen. Eigentlich kein Hexenwerk, aber man bewegt sich natürlich aus einer gewissen Komfortszene heraus, in der man sofort auf die passende Farbe zurückgreifen kann. Man hat hier aber auch den Vorteil einer gewissen Individualität. So kann man sich die jeweilige Farbe nach eigenen Bedürfnissen (Maßstabseffekt, Verschleiß, Verschmutzung etc.) optimieren.


Der von mir vielzitierte Dörrautomat, der Trocknungszeiten erheblich verkürzen kann

 

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Schritt 1: Beginnen wir aber nun mit der Arbeit: zu Anfang unterscheiden sich die ersten Schritte nicht zu anderen Vorgehensweise der Figurenbemalerei. Natürlich sollten die Figuren ordentlich gesäubert und verputzt werden. Anschließend empfiehlt es sich immer, die Figuren in einer Seifenlauge abzuwaschen, um etwaige Schmutzrückstände etc. zu beseitigen. Nun sollten die kleinen Figürchen für ein gutes Handling an diversen Hilfsmitteln fixiert werden. Hier gibt es viele Möglichkeiten, über kleine Klammern oder auch Draht. Ich habe hier für mich die Flaschendeckel entdeckt. Diese sind immer in Masse vorhanden, passen von der Größe hervorragend und und sind des Handling mehr als dienlich. Schließlich sollte man beachten, dass die Figuren während des ganzen Arbeitsprozesses nicht grifffest sind! Man sollte also unbedingt in dieser Zeit im wahrsten Sinne des Wortes die Finger von der Figur lassen!

Je nach Stabilität und Pose sollte man die Figuren mit einigen Tropfen Holzleim oder Sekundenkleber auf dem Flaschendeckel fixieren. Diese Verbindung lässt sich nach Abschluss der Arbeiten ohne Probleme mit Hilfe eines Skalpells wieder trennen, ohne dabei die Figur oder den Farbauftrag zu beschädigen.

Als nächstes sollte eine Grundierung erfolgen, um für die weitere Farbgebung eine gute Basis zu schaffen. Ob man hier nun dunkle oder helle Grundierungen nutzt ist dabei vollkommen egal. Es dient im Grunde nur der Haftbarkeit der Ölfarben.

 


 

Schritt 2: Nun kommen die Ölfarben ins Spiel. Ich arbeite hier grundsätzlich mit drei Farbtönen einer gewünschten Farbe, was in in den kleineren Maßstäben auch vollkommen ausreichend ist. So unterscheide ich hier zwischen dem original gewünschten Farbton (mittel), der Schattierung (dunkel) und der Aufhellung (hell). Zu Anfang mische ich mir also immer den Farbton zurecht, der im Grunde der gewünschten Farbgebung entspricht (mittel). Diese Mischung bietet dann die Basis, um nun die Folgearbeiten durchführen zu können. Ich beginne die Bemalung immer mit dem dunkelsten Farbton (dunkel). Ich nehme mir also Teile der mittigen Mischung und dunkel diese ab, bis ich mit dem Kontrast zufrieden bin. Man sollte hier beachten, dass man auf Grund des Maßstabs eher mit extremeren Kontrasten arbeiten sollte. Sind die Kontraste zu weich, so sind diese später für das menschliche Auge kaum wahrnehmbar. Nun wird die Figur mit den gewünschten Farbtönen in der dunklen Variation bemalt. Hier beginnt auch die Phase der längsten Trocknungszeit. Während man mit Dörrautomat nur 8-10 Stunden benötigt, sollte man ansonsten die Figur für mindestens drei Tage in einer warmen trocknen Umgebung abtrocknen lassen. Ist man hier zu ungeduldig, hat es nur zu Folge, dass die helleren Farbtöne vom dunklen Farbton geschluckt werden.



 


Schritt 3: Nach dem Abtrocknen folgt nun der nächste Schritt. Dieses Mal steht der mittlere Farbton im Focus. Dieser wird mit einem kleinen Pinsel gut verteilt an mehreren Stellen der Figur aufgebracht. Dabei sollte man es allgemein vermeiden, die Farbe auf natürliche Vertiefungen der Figur aufzubringen, wie zB. Falten etc. Anschließend kommt der erste „Spezialpinsel“ zum Einsatz. Mit diesem gekürzten Pinsel werden die aufgebrachten Farbpunkte nun verrieben. Die Vorgehensweise ist hier ähnlich wie beim Drybrushing, nur viel ausgiebiger, wobei man mit dem gekürzten Pinsel viel punktueller arbeiten kann. Dabei bleiben natürliche Vertiefungen wie z.B. der Faltenwurf ausgespart. Dies schafft dann die ersten Kontraste. Hier kommt nun auch der Vorteil der Ölfarben zum tragen. So kann man hier so lange arbeiten, experimentieren, ausprobieren und korrigieren, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Danach sollte man die Figur bei normaler Umgebungsluft ca. 24 Stunden durchtrocknen lassen (im Dörrautomaten kann man dies auf wenige Stunden beschränken).







 

 

Schritt 4: Wo Schatten ist, da ist auch Licht. Nun befassen wir uns mit der Aufhellung, also dem hellen Farbton. Die Vorgehensweise ist dabei ähnlich wie beim vorherigen Arbeitsschritt. Nur wird der helle Farbton viel dezenter (also sparsamer) und gezielt(!) auf den erhabenen Stellen aufgebracht. Das sind die typischen Faltenwürfe, Ellbogen, Kleidungskanten etc. und auch hier kommt anschließend wieder einer der gekürzten Spezialpinsel zum Einsatz. Dieser Pinsel ist dabei aber deutlich kleiner und die Arbeiten werden auch punktueller durchgeführt. Auch hier kann man sich in Ruhe abarbeiten, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Danach ist wieder eine 24stündige Trockenzeit von Nöten (oder ein Dörrautomat).







 



Schritt 5: Mittlerweile müsste die Figur schon deutliche Kontraste aufzeigen. Um diese zu verstärken und den bisherigen Farbauftrag auch zu Filtern, kommt nun ein Washing zum Einsatz. Ich verwende hier meist ein „Umbra-gebrannt“. Dabei wird die Farbe mit Terpentinersatz stark verdünnt und auf der ganzen Figur aufgebracht. Die starke Verdünnung und Pigmentierung der Ölfarbe sorgt dabei dafür, dass gewisse Vertiefungen und Kanten noch stärker betont werden. Und auch jetzt sollte man der Figur wieder ausreichend Zeit zum Durchtrocknen lassen.



 

 

Schritt 6: Wir befinden uns nun schon in der finalen Phase der Bemalung. Um ein Washing richtig zur Geltung kommen zu lassen, bietet sich in Folge immer ein Drybrushing an. Das ist auch hier nicht anders. Ich greife hier mittlerweile ausschließlich auf zwei Farben von Revell zurück. So bieten die warmen Farbtöne 75 (Steingrau) und 89 (Beige) auf Enamelbasis die beste Möglichkeit eines neutralen Drybrushings. Gerade die warmen/ weichen Farbtöne sorgen dabei für einen schönen Kontrast, ohne zu hart und kalt zu wirken. Mit dem Drybrushing sind dann die eigentlichen Farbarbeiten abgeschlossen.




 

Schritt 7: Zu guter Letzt sollte immer eine matte Versiegelung folgen, um eben jeglichen Glanz auf der Figur zu neutralisieren und diese dazu auch grifffester zu machen. Auch hier habe ich schon vor geraumer Zeit meine Favoriten gefunden. So bieten Ammo/ MIG und Vallejo ein „Ultra-Matt-Finish“ an, welches richtig(!) genutzt für eine realistische Mattierung sorgen. Man sollte hier nur unbedingt beachten, dass diese Acrylmattierungen nur mit niedrigen Arbeitsdruck (Airbrush) und in mehren Schichten übernebelnd aufgebracht werden müssen. Ist der Arbeitsdruck zu hoch oder/ und der Farbauftrag zu viel, sorgt dies für unschöne weiße Flecken/ Absetzungen, die nur schwer, wenn überhaupt zu entfernen sind und damit die ganze vorherige Arbeit an einem Modell oder Figur zu Nichte machen können.

Ist die Mattierung durch getrocknet, sind die Figuren nun auch grifffest und können ohne Probleme angefasst werden. So können die Figuren nun vom Flaschendeckel entfernt werden, um ihren Bestimmungsort auf einem Modell oder in einem Diorama zu finden.




 

Ich hoffe, dass es mir mit diesem Guide gelungen ist, meine Technik der Bemalung von Figuren im kleinen Maßstab gut und verständlich zu vermitteln. Im Grunde braucht man hier keine besonderen Fähigkeiten oder spezielles Können. Hier spielen eher Übung, ein gewisses Gefühl und Geduld eine tragende Rolle. So ist der Arbeitsaufwand auch eher gering. Die meiste Zeit beanspruchen eigentlich nur die jeweiligen Trocknungsphasen, doch lässt sich hier mit Hilfe geeigneter Hilfsmittel (Dörrautomat) leicht Abhilfe schaffen. Diese Technik bietet durchaus auch Luft nach oben. So bleibt es jeden selbst überlassen, hier mit mehr Farbabstufungen und/ oder unterschiedlichen Washings zu arbeiten. Für das menschliche Auge ist aber irgendwann eine gewisse Erfassungsgrenze erreicht. So lassen sich extremere Farbnuancen vielleicht noch durch Makroaufnahmen belegen, doch nimmt das menschliche Auge diese dann ab einem gewissen Punkt kaum noch wahr. Ich bin mir jedenfalls sicher und meine bisherigen Erfahrungen geben mir dabei durchaus recht, dass diese doch eher einfache Technik vollkommen ausreichend ist, um den eigenen Figuren selbst in kleineren Maßstäben ein realistischeres Aussehen zu verleihen.







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